Malte Just im Gespräch
mit Nicola Stattmann, OMC°C

6. Juli 2023
Fotos: Ingmar Kurth

Nicola Stattmann und Malte Just
OMC°C

„Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit aus vielen Experten, die nicht als Einzelspieler agieren, sondern Ihr Fachwissen eingebracht haben und im Team zusammengewachsen sind.“

OMC°C

Malte: Nicola, das VERD°SYSTEM von OMC°C – Office for Micro Climate Cultivation ist an den Start gegangen, die ersten beiden Prototypen der Serie stehen hier in Frankfurt am Senckenberg Museum.

Angefangen hat unsere Zusammenarbeit am Projekt der vertikalen Begrünung, als Du mich als Jurygast in die Hochschule Saarbrücken eingeladen hast, um mit Student*innen das Thema Stadtgrün im Rahmen deiner Vertretungsprofessur zu besprechen. Jetzt sitzen wir hier, unter dem Grün, dem Resultat unserer Zusammenarbeit. Just Architekten sind im OMC°C Netzwerk für den architektonischen Part der Projekte als Experten zuständig. Warum wir? Was macht die Zusammenarbeit mit uns für Dich persönlich aus?

Nicola: Warum Ihr? Das beantworte ich gerne – aus ganz vielen Gründen IHR. Als Architekturbüro schätze ich Just Architekten, weil Ihr sehr unterschiedliche Projekte realisiert, nicht spezialisiert in einem Thema, sondern generalistisch. Ich habe schon immer den Eindruck, dass Ihr jede neue Aufgabe individuell und nutzungsspezifisch angeht und entwickelt. Ihr seid offen, Themen neu zu interpretieren und zu lösen.

Aus diesem Grund habe ich Dich damals gebeten, mit mir nach Saarbrücken zu kommen. Ich wollte einen Architekten an meiner Seite haben, von dem ich weiß, dass er neue, also studentische Vorschläge mit einer großen Offenheit anschauen, bewerten und kommentieren kann – und fachlich so breit aufgestellt ist, dass sein Feedback hilfreich für die Studierenden ist. Mit anderen Architekturbüros habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese oft strikt und rigide in ihrer Thematik und Auffassung sind, was mir als Produktdesignerin gar nicht entspricht.

Aus gleichem Grund haben wir Dich mit Just Architekten gebeten, uns bei OMC°C zu begleiten, mit viel Expertise in dem Bereich Architektur und Städtebau – als offener Team Player, der sich ins Gespräch einbringt, anpackt und mitarbeitet. Im Zuge der Zusammenarbeit der letzten zwei Jahre muss ich einfach sagen, dass Carlotta und ich Dich und auch Nils als Gesprächspartner schätzen.

Als Produktdesignerinnen konzipieren, organisieren und leiten wir das ganze Projekt – und wissen, dass wir ohne Euch und Eure Erfahrung zu Statik, räumlicher Wirkung und Baurealisierung das Projekt so nicht hätten umsetzen können. Außerdem habe ich festgestellt, dass Du ein echter Fuchs in Strategie und Gesprächsführung bist. Deine strategischen Hinweise wie Themen aus Sichtweise von städtischen Strukturen betrachtet, befördert oder initiiert werden könnten, sind immer sehr aufschlussreich.

Malte: Für mich ist es eine große Bereicherung vom Ausgangspunkt der Zusammenarbeit heraus dieses Projekt mitzuentwickeln und zu sehen, wie es gewachsen ist, wie wir es mit dem gesamten Team – auch mit den Konstrukteuren von Bollinger+Grohmann umgesetzt haben. Die gemeinsamen Workshops waren, glaube ich, für alle Beteiligten ein besonderer Moment.

Hinzu kommt natürlich noch die politische Relevanz des Projektes. Im Baugewerbe dreht sich viel um die Themen Green Building und Nachhaltigkeit, auch wenn man das noch zu wenig in Bauvorhaben spürt. Hier, in diesem Projekt wird das ganz unmittelbar zum Hauptthema – und erlebbar: Wir sitzen an einem heißen, sonnigen Tag unter dieser Anlage im Schatten.

Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit aus vielen Experten, die nicht als Einzelspieler agieren, sondern Ihr Fachwissen eingebracht haben und im Team zusammengewachsen sind. Das ist es auch, das hier die große Kunst ist und das Du, Nicola, so gut orchestriert hast – gute Leute so zusammenzubringen, dass so ein Projekt entstehen kann. Das habe ich in dem Maße noch nicht erlebt. Es war für uns eine ganz besondere Erfahrung.

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Nicola: Das Großartige ist, wir laufen in keiner Situation gegen Wände. Alle sind offen. Die Themen Grün, Bio-Diversität, Klima-Resilienz und Verschattung haben ganz klar eine klimatologische und gesellschaftliche Relevanz und es ist eben diese soziale Relevanz, die dazu führt, dass Alle mitmachen. Hier geht es nicht um einzelne Egos, sondern um die Erarbeitung der bestmöglichen Lösungen zum Nutzen für uns alle.

Wir entwickeln ein Serienprodukt und keine Einzellösung. Wir Produktdesignerinnen kommen aus der Serie und dem seriellen Denken. Das ist für Euch Architekten, aber auch die Statiker und Stahlbauer im Team, ein neues Gebiet. Ihr habt Euch und uns oft gefragt, was es mit diesem Serienprodukt auf sich hat und warum wir um jeden Zentimeter und jedes Kilogramm gekämpft haben.

„Genau dieser Austausch macht die Zusammenarbeit in unserem großen interdisziplinären Team so spannend.“

Dieses Projekt ist ein riesiges Geschenk. Dass ich das machen darf und in kürzester Zeit ein Start Up daraus geworden ist, die Anlagen nun hier stehen, ist schon unglaublich. Und dass durch die politische Relevanz und Wahrnehmung die Stadt Frankfurt dahintersteht und das Projekt unterstützt, da hast auch Du einen großen Anteil daran – Du als Person, von Anfang an immer gesprächs- und hilfsbereit, offen in der Diskussion, aber auch Dein Büro als unfassbar zuverlässiges und engagiertes Team, das pragmatisch Ideen mitentwickelt und unterstützt.

Malte: Wir suchen gerne die Herausforderung, Dinge zu entwickeln. Der Prozess, unsere Ideen reifen zu sehen, die Fachdisziplinen zusammenzubringen, bis das Ergebnis aufs kleinste Detail sitzt, ist letztendlich der Mehrwert. Trotz einiger Bedenken hat jeder die Relevanz verstanden. Auch Stahlbau Wurst, für die es ja ein kleines Projekt ist, haben es in einer Geschwindigkeit wahr werden lassen, die beeindruckend ist.

Nicola: Ich erinnere mich, dass wir irgendwann darüber gesprochen haben, dass wir das Team noch ergänzen müssen. Für mich war klar, wir brauchen von Allen nur die Besten. In dem Projekt steckt so viel Arbeit, so viel Engagement und Enthusiasmus – und natürlich auch Geld, dass man nicht mit Mittelmaß arbeiten kann. Du hast Bollinger+Grohmann und ich Stefan Diez ins Spiel gebracht. Beide Büros haben die Diskussionen und die Entwicklung maßgeblich beeinflusst, bereichert und die Umsetzung der Prototypen ermöglicht.

Malte: Ja, absolut. Stefan Diez ist sehr konstruktiv in seinem Denken. Ich dachte, Designer konzentrieren sich eher auf das Formale, aber dieser unglaubliche Wille für das Konstruktive und Optimierte hat mich sehr beeindruckt. Es haben sich viele Parallelen zu uns gezeigt. Es war ein Ineinandergreifen in den Workshops – das hat großen Spaß gemacht. Wir kamen schnell zu einem guten Ergebnis, auf dessen Basis wir die Ingenieure challengen konnten, noch weiter zu optimieren. So einen intensiven, produktiven und konstruktiven Arbeitsprozess habe ich nicht häufig. Fernab von jeglichen DIN-Normen im Bauen konnten wir uns hier auf ein Optimum konzentrieren und etwas völlig Neues entwickeln – das war großartig und ein intensives Lernen zwischen den Disziplinen. Ich habe bemerkt, dass Ihr Euch in den Lead begeben habt, nicht in Eure Einzeldisziplin. Das war für die Koordinierung goldrichtig.

Nicola: Das bestätigt meine Erfahrung aus der Produktentwicklung. Man kommt am schnellsten zu nachvollziehbaren und guten Lösungen, wenn man im Team arbeitet. Ohne so ein gutes Team wäre die Umsetzung unseres Projekts in dieser Geschwindigkeit und mit dieser Präzision nicht möglich gewesen. Diesen Prozess müssen wir beibehalten und Studierenden und jungen Mitarbeiter*innen weitergeben, „Verliebt Euch nicht in Eure eigene Arbeit und in Euer eigenes Projekt. Lasst die besten Fachexpertisen miteinfließen und arbeitet ziel- und ergebnisorientiert, aber stets mit großer Offenheit.“

Malte: Ich bin ganz Deiner Meinung. Andere Sichtweisen bringen in den Arbeitsprozessen oft Ansätze hervor, die in Projekten eine besondere Dynamik und individuelle Lösungen hervorbringen. Perspektivisch möchten wir so verstärkt in unserem Netzwerk, was wir uns aufgebaut haben, arbeiten. In architektonischen Prozessen gibt es immer viele Beteiligte. Nur zusammen finden wir das bestmögliche Gesamtergebnis.

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